Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat am 07.06.2019 ein Urteil getroffen zur Vereinbarkeit eines vollen Versorgungsauftrags mit einem halben Versorgungsauftrag in einer Person (Az. L 24 KA 39/17). In dieser Entscheidung hat das LSG klargestellt, dass ein voller Versorgungsauftrag die Erteilung eines weiteren Versorgungsauftrages für eine Person ausschließt.
Im vorliegenden Fall war ein Facharzt für Innere Medizin seit 2007 zur vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Bereich mit einem vollen Versorgungsauftrag zugelassen. Diese Zulassung lag im Bereich der Kassenärztlichen Versorgung Sachsens. Zusätzlich beantragte der Arzt noch eine hälftige Zulassung zur hausärztlichen Versorgung in Brandenburg. Zwischen den Standorten lag eine Distanz von 240 km. Die Zulassungsgremien versagten die hälftige Zulassung mit der Begründung, dass der Arzt ansonsten seinem vollen Versorgungsauftrag und den daraus entstehenden Pflichten nicht nachkommen könne.
Das LSG gab den Zulassungsgremien Recht und erteilte der hälftigen Zulassung in Brandenburg eine Absage. Grundsätzlich könne sich jeder Arzt nach § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V um die Zulassung als Vertragsarzt bewerben. Nach § 20 Ärzte-ZV sei ein Arzt aber dann ungeeignet für die vertragsärztliche Versorgung, wenn der aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder einer anderen nicht ehrenamtlichen Tätigkeit seinem Versorgungsauftrag nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehe und vor allem nicht in der Lage ist, Sprechstunden zu den üblichen Zeiten anzubieten.
Hieran ändert es auch nichts, dass der Gesetzgeber § 20 Ärzte-ZV verändert hat, um eine Flexibilisierung der vertragsärztlichen Berufsausübung zu erreichen und die zeitlichen Grenzen der Nebenbeschäftigung zu lockern. Denn der Gesetzgeber wollte diese Regelungen nur modifizieren, nicht aber abschaffen.
Der klagende Arzt hatte vor, am zweiten Standort seine Sprechstunden am Freitagabend und am Samstag anzubieten. Hierzu führt das LSG aus, dass es sich hierbei aber nicht mehr um die „üblichen Zeiten“ für Sprechstunden handle, die § 20 Ärzte-ZV fordert. Zudem sei zu beachten, dass der Arzt nach § 19a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV bei einem vollen Versorgungsauftrag 25 Stunden wöchentlich für Sprechstunden für Versicherte zur Verfügung stehen muss. Das bedeutet, dass er bei anderthalb Versorgungsaufträgen 37,5 Stunden zur Verfügung stehen muss. Dazu addiert das LSG noch einen Zeitaufwand von 30-50% pro Sprechstunde. Der Arzt käme daher auf etwa 49 bis 56 Stunden Arbeitszeit pro Woche. Hinzu käme noch die privatärztliche Versorgung.
Bereits in einer früheren Entscheidung zu zwei hälftigen Versorgungsaufträgen hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass diese nur dann zulässig seien, wenn der Arzt für die Versorgung der Patienten zur Verfügung steht und für Versicherte außerhalb der Notdienstzeiten erreichbar sei. (BSG, Urteil vom 11.02.2015, Az. B 6 KA 11/14 R)
Das LSG kommt zum Schluss, dass selbst bei zwei Vertragsarztsitzen in der Nähe keine Erteilung eines vollen Versorgungsauftrages und zusätzlich eines hälftigen Versorgungsauftrages möglich sei.
Damit reiht sich das LSG in die instanzgerichtliche Rechtsprechung (u.a. SG Düsseldorf, Beschl. v. 28.09.2016, S 2 KA 1445/16 ER) ein.
RA Sven Rothfuß
Fachanwalt für Medizinrecht
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