Nicht selten sind ermächtigte (Krankenhaus-) Ärzte überrascht, wenn sie sich im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen durchführen, mit massiven Honorarrückforderungen konfrontiert sehen, weil sie das Gebot der persönlichen Leistungserbringung nicht eingehalten haben. Auffällig werden derartige Sachverhalte oft im Zusammenhang mit hohen Fallzahlen, die der Ermächtigte abrechnet. Einen Fall, bei dem gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung verstoßen worden war, hatte jüngst das SG München zu entscheiden. Mit Urteil vom 16.03.2022 – S 38 KA 300/19 – hat es noch einmal die Grundzüge dessen festgelegt, was ein ermächtigter Arzt bei der Erbringung und Abrechnung von Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu beachten hat.
An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen neben zugelassenen Ärzten und medizinischen Versorgungszentren auch ermächtigte Ärzte teil, § 95 Abs.1 Satz 1 SGB V. Eine Ermächtigung kommt gemäß § 116 Satz 2 SGB V in Betracht, wenn eine ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten nicht sichergestellt ist, sog. qualitativer bzw. quantitativer Versorgungsbedarf. Die -durch den jeweiligen Zulassungsausschuss zu erteilende, zumeist zeitlich befristete- Ermächtigung bewirkt nach § 95 Abs.4 Satz 1 SGB V, dass der ermächtigte Arzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die für die vertragsärztliche Versorgung geltenden vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), sind auch für ihn verbindlich, § 95 Abs.4 Satz 2 SGB V.
Laut § 15 Abs.1 Satz 2 BMV-Ä sind persönliche Leistungen auch jene ärztlichen Leistungen, die durch genehmigte Assistenten und angestellte Ärzte erbracht werden. Diese Möglichkeit besteht für den ermächtigten Arzt nicht. Hierzu führt das SG München in dem eingangs erwähnten Urteil (Randziffer 31) aus, die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung sei eine der Grundpflichten eines Arztes, der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme, auch im Rahmen einer Ermächtigung nach § 116 SGB V, und verweist auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.11.1993 -Az.: 6 RKa 70/91-. Für den ermächtigen Krankenhausarzt sei es gesetzlich nicht vorgesehen, weitere Ärzte wie Oberärzte und Assistenzärzte, auf die er qua seiner stationären Funktion und Stellung eventuell Zugriff hat, zur Erbringung ambulanter Leistungen, die zu seinem Ermächtigungsumfang gehören, hinzuzuziehen. Deren Tätigkeit sei ihm als ermächtigen Krankenhausarzt deshalb nicht zuzurechnen. Vielmehr reduziere sich die mögliche Leistungserbringung im Rahmen des Ermächtigungsumfangs bei einem ermächtigten Arzt auf seine persönliche und eigene Leistungserbringung. Grund hierfür sei der Umstand, dass die Ermächtigung eine Ausnahme darstelle und nur dann in Betracht komme, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten nicht sichergestellt werde. Die Ermächtigung sei gegenüber der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit subsidiär. Das ergebe sich aus § 31 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-Zulassungsverordnung (wohl aber ist der ermächtigte Krankenhausarzt berechtigt, nichtärztliche Leistungen an Dritte zu delegieren).
Als Konsequenz dessen hat das SG München die Klage des Chefarztes gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid, den die Kassenärztliche Vereinigung gegen ihn erlassen hatte, zurückgewiesen. Denn -nachweisbar- hatten nachgeordnete Ärzte statt des ermächtigten Chefarztes Leistungen erbracht, die dieser dann abgerechnet hatte.
Cave: Sollte ein Chef- oder ein leitender Oberarzt, der eine Ermächtigung anstrebt oder schon innehat, sich nicht in der Lage sehen, das Gebot der persönlichen Leistungserbringung vollumfänglich zu erfüllen, ist er gut beraten, nicht in diesem Status an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen.
RA Stefan W. Kallenberg