Im Mai entschied das Bundessozialgericht (BSG) über offene Fragen bezüglich der Anwendung des § 7 Absatz 2 Satz 3 und 4 PrüfvV (2014) (Urt. v. 18.5.2021, B 1 KR 32/20 R). In der Entscheidung hat sich das BSG eindeutig dahingehend positioniert, dass § 7 Absatz 2 Satz 3 und 4 PrüfvV (2014) im schriftlichen Prüfverfahren keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist darstelle, sondern eine materielle Präklusion bewirke. Eine solche Interpretation sei auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Absatz 2 KHG getragen.
Was war passiert?
Geklagt hatte ein Krankenhaus, welches einen Versicherungsnehmer der beklagten Krankenversicherung vollstationär behandelt hatte. Die Beklagte hatte die Kosten zunächst in voller Höhe entrichtet, veranlasste in der Folge jedoch eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Anlass der Prüfung war eine mutmaßliche primäre Fehlbelegung. Zunächst hatte der MDK angekündigt eine Prüfung durch Begehung durchführen zu wollen, anschließend bat er die Klägerin jedoch um Übersendung von zwölf genauer bezeichneten Behandlungsunterlagen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach. Hieraufhin verrechnete die Beklagte die strittige Forderung mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin.
Bisheriger Verfahrensgang
Das Sozialgericht Marburg (SG) hatte die Klage zunächst zurückgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin sodann beim Landessozialgericht Hessen (LSG) Berufung ein, die jedoch ebenfalls zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte das LSG aus, ein zunächst entstandener Vergütungsanspruch der Klägerin sei entfallen, weil diese einen fristgerechten Unterlagenversand an den MDK versäumt habe. Zur Ermächtigungsgrundlage des § 17c Absatz 2 KHG führte das LSG weiterhin aus, dass die sich dort befindlichen Regeln keinesfalls abschließend seien und somit durchaus Raum für eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ließen. Hierbei bezog sich das LSG auch auf ein obiter dictum des BSG aus dem Jahr 2019 (Urt. v. 19.11.2019 – B 1 KR 33/18 R), in dem es eine Regelung von materiell-rechtlichen Ausschlussfristen durchaus für möglich gehalten habe.
Entscheidung des BSG
Das BSG hob im Revisionsverfahren das Urteil des LSG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung dorthin zurück. Zur Entscheidung führte es aus, dass § 7 Absatz 2 Satz 3 und 4 PrüfvV (2014) keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist darstelle, sondern eine materielle Präklusion bewirke. In der Folge führe ein Fristversäumnis bezüglich des Unterlagenversands an den MDK nicht zum Erlöschen des Vergütungsanspruches der Klägerin, sondern lediglich zu einer materiellen Präklusion der betreffenden Unterlagen, die vom MDK angefordert worden waren. Die Klägerin sei jedoch nicht daran gehindert, den ihrer Ansicht nach gegenüber der Beklagten bestehenden Anspruch durch andere Unterlagen außerhalb des Prüfverfahrens zu begründen.
Darüber hinaus könne die pauschale Anforderung von Behandlungsunterlagen wie z.B. „aller zur Begründung des Anspruchs erforderlicher Unterlagen“ des MDK die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 PrüfVv nicht bewirken.
Das BSG betonte außerdem, dass es folgerichtig an dem vorbezeichneten obiter dictum nicht mehr festhalten möchte. Zur weiteren Begründung seiner Entscheidung erklärte es, dass vor allem der Regelungszweck des § 7 Absatz 2 Satz 3 und 4 PrüfvV (2014) als auch die Entstehungsgeschichte der Norm gegen eine Auslegung als materiell-rechtliche Ausschlussfrist spreche. Die Regelung sollte die widerstreitenden Interessen der Krankenhäuser auf der einen und der Krankenkassen auf der anderen Seite in Ausgleich bringen. Während die Krankenhäuser in aller Regel an einer vollständigen Vergütung der Behandlung interessiert sind, sind die Krankenkassen an einem schnellen Abschluss des Prüfverfahrens interessiert. Durch eine materiell-rechtliche Ausschlussregelung würde das Krankenhaus nun aber vollständig an der Durchsetzung des Vergütungsanspruches gehindert, während bereits eine materielle Präklusionsregelung ausreichend ist, um einen schnellen Abschluss des Prüfverfahrens für die Krankenkassen zu bewirken. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus den Gesetzesunterlagen zu § 17c Absatz 2 KHG.
Die Systematik des § 7 PrüfvV (2014) deutet ebenfalls auf eine materielle Präklusionswirkung hin.
Bedeutung für die Krankenhäuser
Die Entscheidung ist aus Sicht der Krankenhäuser und Krankenhausträger kritisch zu bewerten. Die Erfolgsaussichten einer Klage dürften nunmehr auch davon abhängig sein, ob eine offene Unterlagenanforderung oder eine konkrete Benennung der Unterlagen durch den MDK erfolgte und ob diese vom Krankenhaus fristgerecht übersandt worden sind.
RAin Aylin Grollmann
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