Welche Neuerungen werden für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in den nächsten Jahren erwartet?
In einem Rechtsgutachten, welches das Bundesministerium für Gesundheit zum „Stand und Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen zu medizinischen Versorgungszentren“ in Auftrag gegeben hatte, wurden einige Bereiche genannt, in denen gesetzliche Neuerungen angestrebt werden sollten. Das betrifft zum einen die Festlegung einer Mindestgröße für ein MVZ sowie zum anderen die Abkehr von der Konzeptbewerbung. Außerdem wurde durch das Gutachten die Regelung einer Mindesttätigkeitsdauer des Vertragsarztes der zugunsten seiner Anstellung auf seine Zulassung verzichtet im MVZ angeregt.
Was ist betreffend die Regelungen zur Mindestgröße des MVZ zu erwarten?
Während aktuell von den meisten Zulassungsausschüssen eine Mindestgröße von zwei Ärzten mit mindestens hälftigem Versorgungsauftrag verlangt wird, fordert das Gutachten nun, dass der Gesetzgeber sich auf eine Mindestgröße von drei vollen Versorgungsauftrag festlegt. Allerdings soll in Gebieten, in denen eine ärztliche Unterversorgung droht, auf zwei volle Versorgungsaufträge reduziert werden können.
Was bedeutet das für bereits bestehende MVZ?
Bereits bestehende MVZ, die sich aus weniger als drei Ärzten mit vollem Versorgungsauftrag zusammensetzen, soll Bestandsschutz gewährt werden. MVZ, die aktuell über drei oder mehr Versorgungsaufträge verfügen und nach Inkrafttreten einer solchen Regelung unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl an Versorgungsaufträgen fallen würden, sollen nach Empfehlung der Gutachter keinen Bestandsschutz genießen dürfen. Für sie wird nach dem Vorschlag der Gutachter gelten, dass sie ihre Zulassung verlieren, sollten sie länger als sechs Monate die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl an Versorgungsaufträgen unterschreiten.
Werden Konzeptbewerbungen weiterhin möglich sein?
Die Kommission der Gutachter empfiehlt dem Gesetzgeber aktuell eine Abkehr von der Konzeptbewerbung. Sie begründet ihren Vorschlag damit, dass Umgehungsmöglichkeiten im Zulassungsverfahren weitestgehend ausgeschlossen werden sollen.
Wird es eine Regelung zur Mindesttätigkeitsdauer des vormaligen Vertragsarztes geben?
Die Gutachter empfehlen dem Gesetzgeber die normative Regelung der Mindesttätigkeitsdauer des vormaligen Vertragsarztes im MVZ zum Zwecke der Einbringung der Zulassung von lediglich einem Jahr. Aktuell beträgt die Mindesttätigkeitsdauer noch drei Jahre. Zusätzlich soll auch eine Mindesttätigkeitsdauer von einem Jahr eingeführt werden, sofern die Zulassung aus dem Nachbesetzungsverfahren herrührt.
Wird eine Einschränkung der Rechtsform für MVZ zu erwarten sein?
Mangels aktueller und belastbarer empirischer Beweise dafür, dass bestimmte Träger eine weniger gute Versorgung anbieten als Andere, ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die für MVZ möglichen Rechtsformen weiter einschränken wird.
Was tut sich in Sachen Transparenz?
In dem zuvor benannten Gutachten wurden einige Aspekte angeregt, um die Transparenz zu erhöhen und die Information des Patienten zu erleichtern. Hierzu sollen unter anderem an jeder Betriebsstätte des MVZ der ärztliche Leiter sowie der Träger des MVZ durch ein Schild angegeben werden. Außerdem soll eine Aufnahme der MVZ in das Bundesärzteregister sowie eine Weiterentwicklung des Verzeichnisses der Leistungserbringer gemäß § 293 Abs. 4 SGB V erfolgen, so dass künftig auch Informationen über den Träger, den Trägertyp und den ärztlichen Leiter des MVZ erhoben werden. Ein Abgleich mit dem Handelsregister und dem Transparenzregister soll dann die Feststellung ermöglichen, wer Inhaber oder mittelbar wirtschaftlich Berechtigter eines MVZ-Trägers ist. Die Gutachter haben sich jedoch ausdrücklich gegen die Schaffung eines MVZ-Sonderregisters ausgesprochen. Die geringe Anzahl der Investoren im Bereich der MVZ mache ein eigenständiges Register ökonomisch schlichtweg nicht vertretbar.
Werden Versorgungshöchstquoten ähnlich denen, die in § 95 Abs. 1b SGB V für zahnärztliche MVZ festgelegt wurden, eingeführt werden?
Aktuell ist das nicht zu erwarten. Die hohe verfassungsrechtliche Brisanz dieser Regelungen macht ihre Schaffung für den Gesetzgeber höchst unattraktiv. Befürchtet wird von einigen, dass eine Zunahme von Investoren-MVZ eine Einbuße in der Versorgungsqualität bedeutet. Allerdings finden sich laut verschiedener Rechtsgutachten aktuell keine belastbaren empirischen Daten, die darauf schließen lassen, dass die Versorgung der Patienten durch Investoren-MVZ gefährdet würde.
Wird die Gründung von MVZ weiterhin auch außerhalb des Einzugsbereichs des eigenen Versorgungsauftrages möglich sein?
Es bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber sich hierzu positionieren wird, allerdings dürfte eine Beschränkung des Gründungsbereiches nicht im Interesse des Gesetzgebers sein. Würden Krankenhausträger MVZ nur noch innerhalb ihres eigenen Versorgungsbereichs gründen können, so wäre dies eine Benachteiligung der kleineren Träger. Eine solche kann vom Gesetzgeber kaum gewollt sein.
Welche weiteren Vorschläge gibt es?
Um den Ärzten die Beteiligung an den MVZ-Trägern weiter zu erleichtern, sollen die gesetzlichen Regelungen zum MVZ dahingehend angepasst werden, dass sowohl Vertragsärzte als auch angestellte Ärzte, jederzeit Gesellschaftsanteile am MVZ erwerben und halten können. Weiterhin sollte nach Einschätzung der Gutachter nicht zuletzt auch die Mitwirkung angestellter Ärzte in Zulassungsgremien sichergestellt werden. So sollte beispielsweise mindestens ein angestellter Arzt in Zulassungssachen, die angestellte Ärzte betreffen, im Zulassungsausschuss mitwirken.
Weitere Informationen zu potentiellen Neuerungen bei MVZ unter: https://www.gup.nomos.de/fileadmin/GuP/doc/Aufsatz_GuP_2021_04.pdf
RA Prof. Dr. Bernd Halbe
Fachanwalt für Medizinrecht
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