Immer wieder sind Streitigkeiten um Abrechnungsmodalitäten zwischen Krankenkassen und Krankenhausträgern durch die Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden. Mit einem weiteren Problem aus dem Bereich der Kodierung hat sich nun das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 20.03.2018 ( Az. B 1 KR 25/17 R) befasst.
Klägerin war die Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. In diesem war im Jahr 2009 ein bei der Beklagten gesetzlich versicherter Patient wegen einer primären fokalen Hyperhidrose in Behandlung. Im Wesentlichen ging es bei dem Streit um die Frage, ob nach dem 2009 geltenden ICD-10-GM die Hauptdiagnose G90.41 (Autonome Dysreflexie als Schwitzattacken) mit der Fallpauschale (DRG) B06B (Eingriffe bei zerebraler Lähmung, Muskeldystrophie oder Neuropathie) zu kodieren war, oder –wie die Beklagte vortrug- die geringer vergütete DRG J10B unter Zugrundelegung der Hauptdiagnose R61.0 (Hyperhidrose, umschrieben). Die Klägerin forderte die Zahlung des Differenzbetrages zwischen einer Abrechnung nach B06B und J10B in Höhe von 2861,64 €.
Das Sozialgericht hatte die Klage abgewiesen und das Landessozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung des Differenzbetrages verurteilt. Das Bundessozialgericht bestätigte die Entscheidung des Landessozialgerichts.
Das Bundessozialgericht führte zur Kodierung aus, wenn es eine erklärende definitive Diagnose gebe, sei diese im Grundsatz als Hauptdiagnose zu kodieren und nicht ein durch die Krankheit ausgelöstes Symptom. Eine erklärende definitive Diagnose schließe ungeachtet ihrer Erklärungstiefe den Anwendungsbereich des Kapitels XVIII ICD-10-GM und somit die Kodierung eines Symptoms aus. Die Abgrenzung, wann eine zutreffend erhobene Diagnose eine erklärende definitive Diagnose darstelle, beurteile sich alleine danach, ob die erhobene Diagnose einer Diagnose im ICD-10-GM zugeordnet werden könne, die dort als erklärende definitive Diagnose festgelegt sei. Weitere, von den Abrechnungsbestimmungen losgelöste Erwägungen seien zur Abgrenzung nicht anzustellen.
Diesen Vorrang einer erklärenden definitiven Diagnose belegten der Wortlaut und das Regelungssystem von DKR D002f und Kapitel XVIII ICD-10-GM. Danach gelte dieser Vorrang auch für erklärende definitive Diagnosen, die einer Resteklasse zugeordnet seien. Ein Symptom sei nur dann als Hauptursache zu kodieren, wenn dies von der DKR D002f oder einer vorrangigen speziellen Regelung ausnahmsweise angeordnet werde.
Dementsprechend sei in dem zu entscheidenden Fall G90.9 als erklärende definitive Hauptdiagnose zu kodieren und nicht R61.0. Insoweit wich das Bundessozialgericht vom Urteil des Landessozialgerichts ab, das G90.8 als Resteklasse für die Hauptdiagnose zugrunde gelegt hatte.
Es ist also grundsätzlich –vorbehaltlich spezieller abweichender Regelungen- die „Krankheit“ im Sinne einer definitiven Krankheitsdiagnose als Hauptdiagnose zu kodieren und nicht ein durch sie ausgelöstes Symptom. Dies gilt auch für erklärende definitive Diagnosen, die einer Resteklasse zugeordnet sind.