Das Sozialgericht München befand mit Urteil vom 21.01.2021 (S 38 KA 165/19) die Geldbuße in Höhe von 8.000 Euro, die die KV dem ärztlichen Leiter eines MVZ, wegen der Verletzung der Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung auferlegte, für angemessen.
Der Kläger ist Leiter zweier MVZs, die sich in einer Entfernung von ca. 8 km befinden und beide Ärzte mit annähernd identischen Fachrichtungen (Orthopädie-Chirurgie) beschäftigen. Nachdem sich ein Verdacht der Implausibilität der Abrechnung wegen einer großen Anzahl an gemeinsamen Patienten ergab, hob die Beklagte die Honorare für die Quartale I/2012-III/2013 auf und setzte diese neu fest sowie machte eine Gesamtrückforderung in Höhe von 78.674,68 Euro geltend. Darüber hinaus erlegte diese dem Kläger eine Geldbuße in Höhe von 8.000 Euro auf. Hiergegen klagte dieser – erfolglos – vor dem SG.
Der Kläger wies die Verantwortlichkeit für Abrechnungsfehler im MVZ mit der Begründung zurück, dass die Leistungen von jahrzehntelang erfahrenen orthopädischen Kollegen erbracht worden und auch hinreichend dokumentiert seien. Die Verantwortlichkeit für die Dokumentation liege in erster Linie bei dem jeweiligen Arzt oder bei dem Träger des MVZ. Die Beklagte hätte – so der Kläger – die disziplinarrechtliche Prüfung daher auf die angestellten Ärzte ausrichten müssen, die die betreffenden Leistungen erbrachten.
Das SG sah dies anders. Die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung sei eine Grundpflicht und eine der tragenden Säulen des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems, da nur ein geringer Teil der Abrechnungen überprüft werden kann. Gegen diese Pflicht habe der Kläger in mehrerer Hinsicht verstoßen.
Hierzu führte das SG aus, dass zum einen die zulassungsrechtlich genehmigte Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft hier ohne Zweifel von beiden MVZ rechtsmissbräuchlich genutzt worden sei, da die Zusammenarbeit tatsächlich eher der einer Gemeinschaftspraxis entsprochen habe. Zum anderen hätten die Voraussetzungen für die Abrechnung der GOP 30760 nicht vorgelegen. Insbesondere verfange das Argument des Klägers, dass dieser die fraglichen Leistungen nicht selbst erbracht habe und ihm etwaige Abrechnungsfehler daher nicht zuzurechnen seien, nicht. Nach ständiger Rechtsprechung, komme dem ärztlichen Leiter eines MVZ eine besondere Pflichtenstellung hinsichtlich des ordnungsgemäßen Ablaufs der vertragsärztlichen Versorgung im MVZ zu, er trage die Verantwortung für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe und eine Gesamtverantwortung gegenüber der KV. Dies gelte auch hinsichtlich der von den angestellten Ärzten des MVZs erbrachten Leistungen. Zwar könne auch gegen die angestellten Ärzte disziplinarrechtlich vorgegangen werden, aufgrund der Gesamtverantwortung des ärztlichen Leiters eines MVZs, die auch die Richtigkeit der Abrechnung miterfasse, bestehe allerdings grundsätzlich keine Notwendigkeit, vorrangig disziplinarrechtlich gegen diese und allenfalls subsidiär gegen den ärztlichen Leiter vorzugehen
RA Prof. Dr. Bernd Halbe
Fachanwalt für Medizinrecht
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