Achtung Arbeitgeber!
Zum 01.08.2022 sind eine Reihe von Änderungen des Gesetzes über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz – NachwG) in Kraft getreten. Damit setzt Deutschland europäisches Recht um, das die EU-Richtlinie 2019/1152 vom 20. Juni 2019 enthält.
Es ist sinnvollerweise schon lange gelebte Rechtspraxis im Arbeitsleben, dass Arbeitsverhältnisse, die wirksam zunächst auch nur mündlich begründet werden können, nicht zuletzt aus Gründen der Transparenz und zum Zwecke der Streitvermeidung schriftlich geschlossen werden.
Das sechs Paragraphen umfassende Nachweisgesetz, das gemäß § 1 für alle ArbeitnehmerInnen – auch PraktikantInnen – gilt, verpflichtet(e) die Arbeitgeberseite aber ohnedies schon seit 27 Jahren (28.07.1995), die wesentlichen Inhalte des ggf. erst mündlich begründet gewesenen Arbeitsverhältnisses binnen Monatsfrist nach Beginn der Arbeitsleistungen schriftlich zu fixieren, zu unterzeichnen und diesen Text den ArbeitnehmerInnen auszuhändigen. Versäumte der/die ArbeitgeberIn dies, war das begründete Arbeitsverhältnis zwar nicht unwirksam, aber die ArbeitnehmerInnen profitierten dann in einem etwaigen Streitfall von einer Beweislastumkehr zu ihren Gunsten. Mit Wirkung ab 01.08.2022 gilt erweitert:
1.
a) In § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 – 10 und 11 NachwG sind arbeitsvertragsrechtliche „Selbstverständlichkeiten“ wie u. a. die Namen der Arbeitsvertragsparteien, die Arbeitsvertragsdauer, die Arbeitszeit, der Arbeitsort, der Urlaubsanspruch und die Höhe des Arbeitsentgelts geregelt.
b) Daneben enthält nun aber in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 12 – 15 NachwG bespielweise die Nr. 14 insbesondere die Verpflichtung, das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, schriftlich zu fixieren. Kann der ordnungsgemäße Nachweis nicht geführt werden, findet § 7 Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Nach dieser Norm wird die Kündigung als rechtswirksam fingiert, wenn nicht binnen drei Wochen nach ihrem Zugang hiergegen Klage bei dem für den Arbeitsort zuständigen Arbeitsgericht erhoben wird.
2.
a) Der Nachweis über die zu beachtenden Kündigungsmodalitäten in elektronischer Form ist ausgeschlossen, so dass er, der Digitalisierung zum Trotz, nicht allein in dieser Form geführt werden kann. Der notwendige schriftliche Nachweis zu den Kündigungsmodalitäten ist, anders als die „Basics“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1-10 NachwG), die bereits am Tag der Arbeitsaufnahme oder spätestens sieben Tage danach schriftlich vorliegen müssen, dem/der ArbeitnehmerIn spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.
b) Falls nicht bereits eine Niederschrift oder der schriftliche Arbeitsvertrag aus der Vergangenheit diese Angaben enthält, gilt diese Verpflichtung auch für Arbeitsverhältnisse, die schon vor dem 01.08.2022 bestanden haben. Insoweit besteht arbeitgeberseitig ggf. Handlungsbedarf. Voraussetzung ist allerdings, dass der/die ArbeitnehmerIn ein solches Verlangen äußert, § 5 Satz 1 NachwG.
3.
Im Falle der Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen in der Zukunft, nach dem 01.08.2022, sind diese dem/der ArbeitnehmerIn spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitzuteilen, § 3 Satz 1 NachwG.
4.
Zudem ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nunmehr nicht „nur“ arbeitsrechtswidrig, sondern zudem ordnungswidrig handelt, wer die sich aus dem NachwG ergebenden Pflichten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.000,00 Euro geahndet werden, § 4 NachwG.
5.
Zu Ungunsten der ArbeitnehmerInnen kann von den Vorschriften des Nachweisgesetzes nicht wirksam abgewichen werden, § 6 NachwG.
RA Helge Rust
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
RA Stefan W. Kallenberg