Die Nachrangregelung in § 103 Abs. 4c S. 3 SGB V, wonach bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes überwiegend von Nichtärzten betriebene MVZ nachrangig gegenüber anderen Bewerbern zu berücksichtigen sind, ist auch bei der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um eine Sonderbedarfszulassung entsprechend anzuwenden; dies hat das Sozialgericht München mit Urteil vom 27.07.2020 entschieden (S 28 KA 438/19).
Bei der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um eine Sonderbedarfszulassung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Auswahlentscheidung grundsätzlich daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt. Stellt sich indes heraus, dass mehrere Bewerber in gleicher Weise geeignet sind, sind diejenigen Kriterien heranzuziehen, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge normiert hat.
Wenn das BSG im Bereich Sonderbedarf Kriterien aus dem Bereich Praxisnachfolge für an sich maßgeblich anerkennt, muss dementsprechend auch die Nachrangregelung im Bereich konkurrierender Anträge auf Sonderbedarf zur Anwendung kommen, so das Sozialgericht München in seiner Entscheidung vom 27.07.2020.
Mit der Regelung werde das Ziel verfolgt, die Freiberuflichkeit der ärztlichen Tätigkeit zu schützen und zu verhindern, dass im Nachbesetzungsverfahren Ärzte, die sich auf einem frei werdenden Vertragsarztsitz niederlassen wollen, durch MVZ verdrängt werden, deren Geschäftsanteile und Stimmrechte nicht mehrheitlich in der Hand von Vertragsärzten liegen, die in dem MVZ tätig sind. Gemeinsam mit den in § 95a Abs. 1a SGB V geregelten Einschränkungen der Gründungsberechtigung trage die Nachrangregelung dazu bei, die Verdrängung freiberuflich tätiger Ärzte durch solche Kapitalgesellschaften in überversorgten Planungsbereichen zu vermeiden.
RA Prof. Dr. Bernd Halbe
Fachanwalt für Medizinrecht