Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat mit seiner Entscheidung (Urt. v. 15.10.2021, Az. 7 Sa 857/21) klargestellt, dass ein Arbeitnehmer[1] Urlaubstage nur dann nachgewährt erhält, wenn er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nachweisen kann. Dies gilt auch dann, wenn während des genehmigten und in Anspruch genommenen Urlaubs häusliche Quarantäne angeordnet wird. Die jüngste Entscheidung steht im Einklang mit anderen Entscheidungen erstinstanzlicher Arbeitsgerichte (ArbG Bonn, Urt. v. 07.07.2021, Az. 2 Ca 504/21; ArbG Neumünster, Urt. v. 03.08.2021, Az. 3 Ca 362 b/21).
Die Klägerin befand sich im bewilligten Erholungsurlaub. Nachdem sie mit ihrer mit Coronaviren infizierten Tochter in Kontakt kam und später an Covid-19 erkrankte, ordnete das Gesundheitsamt eine häusliche Quarantäne an. Die Anordnung wies darauf hin, dass die Klägerin im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG als Kranke anzusehen sei. Eine AU ließ sich die Klägerin von einem Arzt jedoch nicht ausstellen.
Die Klägerin fordert von ihrer Arbeitgeberin, dass diese ihr die Urlaubstage, in denen sie sich in häuslicher Quarantäne befand, nachgewähren soll. Die Beklagte verweigert die Nachgewährung mit der Begründung, dass sie den Urlaubsanspruch erfüllt habe.
Das LAG Düsseldorf hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und damit die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz (ArbG Oberhausen, Urt. v. 28.07.2021, Az. 3 Ca 321/21) bestätigt. Die zweitinstanzliche Entscheidung verweist in den Urteilsgründen ausdrücklich auf § 9 BUrlG. Danach erfolgt eine Nichtanrechnung der Urlaubstage nur, wenn der Kranke durch ein ärztliches Attest nachweist, dass er arbeitsunfähig ist. Es sei somit zwischen Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit zu unterscheiden.
Dies bedeute, dass bei Vorliegen einer Coronavirus-Infektion bzw. der Anordnung von häuslicher Quarantäne nicht automatisch die Arbeitsunfähigkeit eintrete. Um die Urlaubstage zurückzuerhalten, müsse eine eventuelle Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt werden. Und dies unterblieb im vorliegenden Fall.
Eine analoge Anwendung des § 9 BurlG lehnte das LAG Düsseldorf ab, denn nach der Konzeption des Bundesurlaubsgesetzes fallen urlaubsstörende Ereignisse grundsätzlich in den Risikobereich des Arbeitnehmers. Eine Analogie wäre nur zu bejahen, wenn jede Coronavirus-Infektion auch zu einer Erkrankung führte. Das sei aber bei symptomlosen Verläufen nicht gegeben. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob das BAG dieser medizinisch fachlich geprägten Argumentationslinie folgen wird.
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
RA Helge Rust
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht