Seit dem Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes am 23.07.2015 kann sich ein Medizinisches Versorgungszentrum gemäß § 103 Abs. 4 S. 10 SGB V (in der bis zum 10.05.2019 geltenden Fassung) unter Berufung auf sein besonderes Versorgungsangebot um eine ausgeschriebene Zulassung bewerben, ohne einen Arzt zu benennen, der auf der Arztstelle beschäftigt werden soll. Dies war jedenfalls die Absicht des Gesetzgebers, der in seiner Begründung zu dieser Regelung ausführte, dass Medizinische Versorgungszentren tatsächlich häufig erst dann einen Arzt oder eine Ärztin anstellen könnten, wenn die entsprechende Arztstelle bereits vorhanden sei.
Das Bundessozialgericht betrachtet die gesetzliche Regelung ungeachtet der gesetzgeberischen Vorstellungen als unzureichend und hat am 15.05.2019 entschieden, dass die Bewerbung eines Medizinischen Versorgungszentrums um eine Zulassung nicht berücksichtigungsfähig sei, wenn kein geeigneter Arzt benannt werde (Az. B 6 KA 5/18 R).
Geklagt hatte ein MVZ-Träger, der sich um eine halbe orthopädische Zulassung beworben hatte. Er hatte im Rahmen seiner Konzeptbewerbung ausgeführt, dass sich das in seinem MVZ vorhandene Behandlungsangebot, insbesondere im Fachbereich der Rheumatologie, sinnvoll durch einen Orthopäden ergänzen ließe. Außerdem könnte bei orthopädischen Krankheitsbildern mit neurologischen Ausfallerscheinungen durch die in dem MVZ angebotenen nervenärztlichen Sprechstunden zeitnah eine Diagnose erfolgen und so eine ansonsten erforderliche Einweisung in ein Krankenhaus vermieden werden. Im späteren Verlauf des Zulassungsverfahrens benannte der Kläger noch eine Ärztin, die er anstellen werde, sobald diese ihre bevorstehende Facharztprüfung absolviert habe.
Das Bundessozialgericht stellte fest, dass auf der Grundlage einer reinen Konzeptbewerbung lediglich eine „arztlose Anstellungsgenehmigung“ erteilt werden könne. Eine so entstandene Berechtigung sei aber bisher weder im Gesetz noch in der Zulassungsverordnung vorgesehen. Es wären aber nähere Bestimmungen erforderlich, die jedenfalls regeln müssten, was gelten solle, wenn das Versorgungskonzept nicht oder nicht mehr umgesetzt werde. Außerdem müssten etwaige Mitbewerber erkennen können, ob und unter welchen Voraussetzungen sie gegebenenfalls gegen eine solche Zulassung vorgehen könnten. Derartige Regelungen zu erlassen, sei Aufgabe des Gesetz- oder Verordnungsgebers. Die vorhandene Lücke könne durch die Gerichte nicht geschlossen werden.
Nach diesem Verdikt bleibt abzuwarten, ob und wie die Legislative reagiert. Aktuell kann jedenfalls von solchen Konzeptbewerbungen nur abgeraten werden. Daran ändert sich auch nichts durch die seit dem 11.05.2019 geltende Fassung des Gesetzestextes, die in dieser Hinsicht keine inhaltliche Änderung darstellt.
RA Sven Rothfuß
Fachanwalt für Medizinrecht