Mit Einführung von § 95e SGB V wurde die Pflicht zum Abschluss, Unterhaltung und Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung für Vertrags(zahn)ärzte als vertragsärztliche Pflicht geregelt. Zuvor war die Versicherungspflicht bereits in den Heilberufe-Gesetzen der Länder bzw. den Berufsordnungen der Landesärztekammern geregelt. Durch diese Versicherung soll das individuelle Haftungsrisiko für Behandlungsfehler abgedeckt werden. Unzureichender Versicherungsschutz wird mit dem Ruhen der Zulassung oder gar deren Entzug sanktioniert. Für viele Leistungserbringer und die Zulassungsausschüsse bleiben nach der Neuregelung jedoch Fragen offen.
Festlegung einer Mindestversicherungssumme
Die aktuell festgelegte Mindestversicherungssumme variiert je nach Tätigkeit. Für Vertragsärzte, die keine Ärzte anstellen und ermächtigte Ärzte gilt eine Mindestversicherungssumme in Höhe von drei Millionen Euro pro Fall und sechs Millionen Euro pro Jahr. Für Vertragsärzte mit angestellten Ärzten, BAG, MVZ ist eine Mindestversicherungssumme von fünf Millionen Euro pro Fall und fünfzehn Millionen Euro pro Jahr vorgeschrieben. Begründet wird die Differenz der Mindestversicherungssummen zwischen den verschiedenen Gruppen durch das erhöhte Risiko einer kollektiven Berufsausübung.
Erfüllung durch bereits bestehenden Versicherungsschutz möglich
Die Versicherungspflicht kann auch durch eine bereits bestehende Versicherung erfüllt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um eine Versicherung handelt, die zur Erfüllung einer Versicherungsverpflichtung aus Landes- oder Standesrecht abgeschlossen wurde. Ermächtigte Ärzte sind beispielsweise nur insofern zum Abschluss einer Berufshaftlichtversicherung verpflichtet, als ihre Tätigkeit nicht anderweitig versichert ist. Aktuell weisen deshalb auch einige Versicherungsträger das Ausstellen der Versicherungsbescheinigung nach § 113 Abs. 2 VVG zurück, wenn bereits ein Berufshaftpflichtversicherungsschutz durch den Krankenhausträger besteht.
Nachweispflicht gegenüber dem Zulassungsausschuss
§ 95e Abs. 3 Satz 1 SGB V legt fest, dass der Leistungserbringer dem Zulassungsausschuss (ZA) bei Antragsstellung (Zulassungsantrag, Ermächtigung oder Erteilung einer Anstellungsgenehmigung) nachweisen muss, dass eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung besteht. Der Nachweis gegenüber dem ZA erfolgt durch die Beibringung einer Versicherungsbescheinigung nach § 113 Abs. 2 VVG. Weiterhin muss der ZA innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der neuen Regelung das Bestehen eines ausreichenden Versicherungsschutzes in gleicher Form, bei allen vertragsärztlichen Leistungserbringern überprüfen. Vereinzelt gibt es Hinweise, dass der Nachweis von den Versicherern nicht (zeitnah) ausgehändigt wird. Dies kann dazu führen, dass die fristgerechte Vorlage durch den Versicherungsnehmer beim ZA nicht möglich ist. Dies wiederum kann Auswirkungen auf die Entscheidung des ZA bezüglich der Zulassung haben, da einige Zulassungsausschüsse bereits kundgetan haben, dass keine Entscheidung über den Antrag erfolgt, wenn die entsprechende Bescheinigung nicht vorgelegt wird.
Sanktionen vermeiden
Die Leistungserbringer, die bereits einen vertragsärztlichen Status besitzen, haben gemäß der Regelung des § 95e Abs. 6 Satz 1 SGBV drei Monate ab Aufforderung durch den ZA Zeit, den Nachweis beizubringen. Erbringt der Leistungserbringer den Nachweis nicht oder besteht kein ausreichender Versicherungsschutz, so wird spätestens einen Monat nach Anzeige des fehlenden Versicherungsschutzes das Ruhen der Zulassung durch den zuständigen ZA angeordnet. Der ZA ist verpflichtet auf diese Folge hinzuweisen. Innerhalb von zwei Jahren nach Anordnen des Ruhens der Zulassung kann der Leistungserbringer den Versicherungsnachweis noch erbringen. Ist dieser Zeitraum überschritten muss die Zulassung gemäß § 95e Abs. 4 Satz 7 SGB V entzogen werden.
Eine erstmalige Überprüfung des bestehenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes müssen die Zulassungsausschüsse bis zum 20.07.2023 vornehmen. Für Leistungserbringer ist es daher ratsam ihren bestehenden Versicherungsschutz bereits jetzt zu überprüfen und falls nötig Anpassungen vorzunehmen, um das Ruhen der Zulassung oder gar einen Zulassungsentzug zu vermeiden.
Praxistipp: Zuletzt kam es in der Beratungspraxis vermehrt zu Irritationen im Zusammenhang mit der Anforderung des Versicherungsnachweises – insbesondere soweit der Haftpflichtversicherer sich weigerte, die erforderliche Bescheinigung auszustellen. Dem (zulassungswillig/-fähigen) Leistungserbringer sind hierbei gleichsam „die Hände gebunden“. Besondere Brisanz erhält die Konstellation, wenn bspw. die Nachbesetzungsfrist hinsichtlich einer (neu zu besetzenden) Arztstelle ausläuft.
Sollen Sie Probleme im Zusammenhang mit der neuen Regelung des § 95e SGB V haben, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.
RA Jan Ippach, LL.M.