Die Hoffnung, dass die Weiterleitung von Radiosendungen in Patientenzimmer kostenfrei erfolgen könnte, hat der Bundesgerichtshof mit einer Entscheidung vom 11.01.2018 (Az. I ZR 85/17) zunichte gemacht.
Die in dem Verfahren Beklagte betreibt ein Krankenhaus mit 49 Patientenzimmern, worunter auch einige Mehrbettzimmer sind. Sie bietet ihren Patienten die Möglichkeit, in den Zimmern Radio zu hören, indem sie Rundfunksendungen in die Zimmer weiterleitet. Die Patienten haben die Wahl zwischen mehreren Kanälen und brauchen für dieses Angebot kein Entgelt zu entrichten.
Nachdem der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 15.03.2012 (Az. C-135/10) und ihm folgend der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 18.06.2015 (Az. I ZR 14/14) erkannt hatten, dass die Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen keine gebührenpflichtige öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke darstelle, hatte die beklagte Krankenhausträgerin den Lizenzvertrag mit der GEMA gekündigt und für die Zeit ab dem 01.08.2015 keine Lizenzgebühren mehr entrichtet. Die GEMA reichte daraufhin die Klage ein und verlangte die Zahlung der Lizenzgebühren entsprechend dem Lizenzvertrag.
In den vorangegangenen Entscheidungen zur Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen hatten die Gerichte unter anderem drei Kriterien aufgestellt, die für die Entscheidung über die Kostenpflichtigkeit der Wiedergabe maßgeblich sein sollen: Die Wiedergabe setze ein zielgerichtetes Handeln des Weiterleitenden voraus, mit dem der Empfang Personen ermöglicht werden solle, die hierüber ansonsten nicht verfügten. Sie sei nur dann „öffentlich“ und damit den Inhabern der Urheberrechte zu vergüten, wenn sie sich an eine unbestimmte Anzahl und insgesamt an „recht viele“ Adressaten wende. Schließlich sei von Bedeutung, ob die Wiedergabe Erwerbszwecken diene.
Bei der Prüfung des zweiten und dritten Kriteriums gelangte der Bundesgerichtshof im Fall der Beklagten zu einem anderen Ergebnis als im Fall der Zahnarztpraxis.
Stellte das Gericht im früheren Fall fest, dass es sich bei den Patienten einer Zahnarztpraxis um einen begrenzten Personenkreis handelte, also weder um eine „unbestimmte Anzahl“ noch um „recht viele“ Personen, beurteilte es diese Punkte im Fall des Krankenhauses anders. Die Patienten in den 49 Zimmern seien als eine unbestimmte Vielzahl von Personen anzusehen und es hätten auch kumulativ viele Personen Zugang zu den Radiosendungen, weil es typischerweise eine hohe Fluktuation in den Patientenzimmern gebe. Die Anzahl der Personen gehe „weit über die Anzahl der Personen hinaus, die sich typischerweise in einer Zahnarztpraxis aufhielten“. Außerdem blieben die Krankenhauspatienten für längere Zeiträume in der Klinik.
Schließlich diene die Weiterleitung der Rundfunksendungen auch Erwerbszwecken. Denn diese wirke sich positiv auf den Ruf des Krankenhauses und damit auf die Entscheidungen potentieller Patienten aus.
Die Logik dieser Abgrenzung zwischen der Qualität der Weiterleitung von Rundfunksendungen in Arztpraxen einerseits und in Patientenzimmer eines Krankenhauses andererseits erscheint zwar wenig überzeugend, wenngleich einzuräumen ist, dass es einen Unterschied ausmacht, ob die wartenden Patienten in einer Arztpraxis unterschiedslos eine Hintergrundmusik zu hören bekommen oder sich ein stationärer Patient nach seinem Belieben einzelne Sendungen auswählen kann. Auf jeden Fall ist die Frage nach einer möglicherweise unentgeltlichen Weiterleitung von Hörfunksendungen in Patientenzimmer mit diesem Urteil abschließend verneint worden.